Das Strategic-Alignment-Modell als Wegweiser für Business-IT-Alignment
In der heutigen digitalen Ära hat sich die Rolle der IT in Unternehmen drastisch gewandelt. Sie ist nicht mehr nur ein Werkzeugkasten der Fachbereiche, sondern ein strategischer Partner, der einen entscheidenden Beitrag zum Geschäftserfolg leistet. Aber wie kann die IT ihren Wert für das Unternehmen sichtbar machen? Wir betrachten heute einen Ansatz aus der Forschung, das sogenannte Strategic Alignment Modell (SAM).
Dazu beginnen wir erstmal mit einer Übersicht. Das SAM ist ein etabliertes Modell zur Beschreibung der Beziehung zwischen Unternehmen und IT. Es basiert auf der strategischen Passung zwischen externen und internen Bereichen sowie der funktionalen Integration zwischen Unternehmens- und IT-Bereichen. Dabei kann es schnell unübersichtlich werden, wenn man versucht, Business und IT zu verknüpfen. Deswegen liefert das SAM vier anschauliche strategische Perspektiven, die sich über die Infrastruktur und die Bereiche der Business- und IT-Seite legen [Abb 1]. Schauen wir uns diese Perspektiven mal genauer an.
Die Perspektive Strategy Execution
Die erste Perspektive Strategy Execution ist erfahrungsgemäß die häufigste Ausrichtungsperspektive in den Unternehmen. Hier fungiert die Geschäftsstrategie als Treiber für organisatorische Entscheidungen und beeinflusst dann die Gestaltung der IT-Infrastruktur. Die IT-Abteilung agiert in der klassischen Rolle des Umsetzers der Business-Anforderungen und setzt ein klassisches Demand Management um. Typische Aufgaben für die IT-Abteilung sind unter anderem Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit und Weiterentwicklung des Geschäfts. Die IT ist damit ein integraler Bestandteil des Unternehmens. Sie bietet grundlegende Dienste und erfüllt die technischen Anforderungen, um den Betrieb zu gewährleisten. Sicherlich sind viele MitarbeiterInnen in Ihrer Karriere schon mal einem solchen klassischen Anforderungsprozess begegnet. Beispielsweise verlangt die Facility Management-Abteilung ein Tool zur Verwaltung aller Gebäude, des Inventars und am besten noch mit Life-Cycle-Management. Mit dieser Anforderung wendet sich die Abteilung dann an die IT, die diese dann – hoffentlich demnächst – umsetzt.
Viele Unternehmen bedienen historisch bedingt nur diese eine Perspektive. Im Sinne einer wettbewerbsorientierten IT-Strategie entstehen so aber vermeidbare Herausforderungen. Es fällt beispielsweise schwerer eine ganzheitliche Übersicht über den Wertbeitrag und die Wettbewerbsfähigkeit der IT zu schaffen. Außerdem besteht die Gefahr, dass eine heterogene Landschaft entsteht, die eine zukunftsorientierte Enterprise Architecture verhindert. Deswegen wagen wir nun den Blick outside the box und entfernen uns von der altbewährten Struktur eine 80er Jahre IT-Abteilung.
Die Perspektive Technology Transformation
Eine strategische Perspektive ist die Ausrichtung nach der Technology Transformation. Sie geht ebenfalls von der Geschäftsstrategie aus, bedingt aber eine zusätzliche geeignete IT-Strategie. Daraus ergeben sich dann die erforderliche IT-Infrastruktur und die IT-Prozesse. Die IT nutzt die Informationen aus der Geschäftsstrategie, um ihre eigene IT-Strategie zu entwickeln. Sie kann damit abgleichen, ob ihre eigenen Ziele und Fähigkeiten zu denen des Business passen und damit das Unternehmen unterstützt. Dazu müssen die Strategien der einzelnen Bereiche konsolidiert und Ableitungen für die eigenen Fähigkeiten getroffen werden. Dabei fungiert die IT-Abteilung als strategischer Sparringspartner bei der Entwicklung und Umsetzung der Geschäftsstrategie. Die IT baut strategische Kompetenzen auf und unterstützt damit die strategische Differenzierung der Organisation. Ein Beispiel wäre die Produktionsabteilung, die die Anforderung hat, ihre Maschinen schnell und vorausschauend zu warten. Hier bietet sich das Thema Predictive Maintenance an. Dazu muss die IT zunächst einmal abgleichen, ob sie die nötigen Fähigkeiten, Tools und die Infrastruktur besitzt, um Predictive Maintenance auch umzusetzen. Ist das nicht der Fall, müssen diese aufgebaut werden. Dies ist dann wiederum Teil der eigenen IT-Strategie.
Die Perspektive Competitive Potential
Eine dritte Perspektive, die sich aus der IT ableitet, nennt sich Competitive Potential. Kernidee dieser Perspektive ist die neue strategische Ausrichtung des Geschäftsmodells durch innovative moderne IT-Fähigkeiten, z.B. zu neuen Technologien, Produkten und Dienstleistungen. Deren Umsetzung erfolgt durch die Anpassung der operativen Geschäftsprozesse. Hier kommt der Impuls aus der IT, indem sie Kompetenzen aufbaut und dadurch erst Business-Strategien ermöglicht werden, welche die Fachbereiche vielleicht nicht in der Schublade hatten. Die Wertschöpfung wird durch die IT initiiert, weil sie Wachstum durch Innovationen ermöglicht und die Erschließung neuer Geschäftsbereiche, Technologien und Produkt-Markt-Kombinationen treibt. Das erfordert allerdings auch eine hohe Beratungskompetenz innerhalb der IT. Ein Beispiel wäre, wenn IT-Kompetenz im Bereich Blockchain aufgebaut wird. Diese kann dann einen Impuls im Business setzen, um damit Lieferanten ins Netzwerk zu integrieren. Auf diese Idee wären die Fachbereiche selbst vielleicht nicht gekommen, aber neue IT-Kompetenzen ermöglichen die Nutzung des Tools.
Die Perspektive Service Level
Beleuchten wir als letztes noch die Service Level-Perspektive, nach der die IT-Abteilung die Infrastruktur und die Prozesse aufbaut, um die Geschäftsabläufe besser zu unterstützen. Der Impuls geht hier ebenfalls aus der IT heraus. Jedoch hat diese erst einmal Auswirkungen auf die eigene IT-Infrastruktur. Dadurch werden operative Prozesse unterstützt und Anforderungen können effizienter erfüllt werden. Der Wert der IT liegt in der Entwicklung von hochleistungsfähigen Tools und Prozessen, die eine Automatisierung und Prozessoptimierung ermöglichen und damit Möglichkeiten zur Kostensenkung, Steigerung der Effizienz und Effektivität geschaffen. Ein Beispiel wäre eine Prozessautomatisierung durch RPA oder LCDPs. Hier verändern neue IT-Möglichkeiten die IT-Infrastruktur, die es wiederum Citizen Developern (und damit dem Fachbereich) erlaubt, neue Technologien selbstständig zu entwickeln.
Das Strategic Alignment Modell bietet eine umfassende Möglichkeit, über die eigene Rolle der IT zu reflektieren und den Wert der IT für das Unternehmen sichtbar zu machen. Es zeigt, dass die IT nicht nur ein Unterstützer, sondern ein strategischer Partner ist, der das Unternehmen in vielfältiger Weise unterstützt und voranbringt. Es zeigt auch, dass akademische Forschung nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch angewendet werden kann, um realen Herausforderungen zu begegnen und Lösungen zu finden. Es ist ein Aufruf an alle IT-Abteilungen, ihre Rolle und ihren Wert für das Unternehmen zu reflektieren und zu kommunizieren. Denn nur so kann die IT ihren vollen Wert entfalten und das Unternehmen in der digitalen Ära erfolgreich unterstützen.
Kennen Sie das SAM bereits oder ist Ihnen dieser Einblick neu? Wir laden Sie ein, Ihre Gedanken und Erfahrungen mit uns zu teilen und sicher der Diskussion über die Rolle der IT in Unternehmen anzuschließen. Denn nur durch den Austausch von Wissen und Erfahrungen können wir gemeinsam lernen und wachsen.
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Literatur:
[1] Henderson, J.C.; Venkatraman, N.: Strategic alignment: Leveraging information technology for transforming organizations: https://ieeexplore.ieee.org/abstract/document/5387096
[2] Huber, M.; Rentrop, C.; Zimmermann, S.: The Relation of Shadow Systems and ERP Systems – Insights from a Multiple-Case Study.: https://www.researchgate.net/publication/281404653_Schatten-IT_-_ein_unterschatztes_Risiko
[3] Huber, M.; Zimmermann, S.; Rentrop, C.; Felden, C.: From Shadow to Light: The Role of Business Processes in Achieving a Transparent Shadow System Landscape.: https://www.researchgate.net/publication/292152857_The_Relation_of_Shadow_Systems_and_ERP_Systems-Insights_from_a_Multiple-Case_Study
Bitte zitieren als: Bitco³ – Tim Klos, Niculin Prinz (2023). IT-Strategie neu gedacht – Das Strategic-Alignment-Modell als Wegweiser für Business-IT-Alignment – 27.07.2023. Online verfügbar unter https://bitco3.com/?p=13348.
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